Johann György

Johann wurde als Sohn des Arztes Dr. Eduard Goldstein 1882 in Frauenkirchen geboren. Dr. Eduard Goldstein ordinierte seit 1877 als erster akademischer Arzt im Ort.
Seine Familie zählte zu den sogenannten assimilierten Juden in Frauenkirchen, die zwar am religiösen Leben im Ort teilnahmen, jedoch sich kulturell an der nicht-jüdischen Mehrheitsbevölkerung orientierten. Die Assimilierungstendenz steigerte sich nach seinem Medizinstudium, indem er seinem Namen auf György magyarisieren ließ und zum katholischen Glauben übertrat.
Wie zuvor sein Vater errichtete er eine Praxis in Frauenkirchen und wurde Amts-, Kreis- und Kassenarzt und zudem Bahnarzt bzw. Vertrauensarzt der Gutspachtung. Seinen guten ärztlichen Ruf erwarb sich Dr. Johann György während seiner Tätigkeit im Kriegsgefangenenlager Frauenkirchen im Ersten Weltkrieg, er widmete sich der Bekämpfung einer Typhusepidemie. Nach der Überwindung der Katastrophe wurde Dr. Johann György, der selbst auch kurzfristig an Typhus erkrankt war, zum Lagerchefarzt ernannt und mehrmals ausgezeichnet. Dr. György genoss in der Bevölkerung und bei den Gemeindeverantwortlichen sehr hohes Ansehen, da er die ärmere Bevölkerung auch vielfach kostenlos behandelte.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich die Einstellung der Bevölkerung zu ihrem Arzt. Wie alle anderen männlichen jüdischen Bewohner wurde Dr. Johann György in einen ehemaligen Stall gepfercht, verschmäht, gedemütigt und unter menschenunwürdigen Umständen tagelang festgehalten. Unterdessen machte sich ein SS-Mann im Haus von Dr. György über Geld und Wertsachen her. Da die Bevölkerung Frauenkirchens wegen der Verhaftungen der jüdischen Ärzte ohne medizinische Versorgung war, wurde Dr. György zunächst von einem Lageraufseher zu Krankenbesuchen eskortiert und schließlich, weil er als Gemeindearzt unentbehrlich war, wieder entlassen. Am 26. März 1938 wurde der Kreis- und Gemeindearzt Dr. Johann György offiziell von seinem Dienst enthoben und nach Wien vertrieben. Von dort floh er mit seiner Gattin und Tochter Alice weiter nach Ungarn. Als in Ungarn 1944 ebenso die Deportationen in die Konzentrationslager begannen, begingen am 24. Juni 1944 Dr. Johann György, seine Frau Aurelia und deren Tochter Alice, Studentin der Medizin, verzweifelt und aus Angst vor der Deportation im Budapester Ghetto mit Schlafmitteln Selbstmord.

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